Interviews

Interview mit Hans Herth von der EFA

Sabine Salmon: „Sie sind Autor eines „Argumentaire“, welches sie für die FAFA gemeinsam mit der ADEAF und der EFA (Echanges Franco-Allemands), erstellt haben*. Notwendig wurde dieses Dokument, da sich in Frankreich laut einer Studie von 2008 ein gewisser Notstand beim Erlernen der deutschen Sprache in den französischen Schulen und Bildungseinrichtungen eingestellt hatte.

Sabine Salmon: „Sie sind Autor eines „Argumentaire“, welches sie für die FAFA gemeinsam mit der ADEAF und der EFA (Echanges Franco-Allemands), erstellt haben*.

Notwendig wurde dieses Dokument, da sich in Frankreich laut einer Studie von 2008 ein gewisser Notstand beim Erlernen der deutschen Sprache in den französischen Schulen und Bildungseinrichtungen eingestellt hatte. Ihr „Argumentaire“ ist ein Plädoyer für den Bi- und Multilingualismus und ermuntert junge Menschen dazu, Deutsch oder Deutsch und Englisch zu lernen, um später beruflich und auch in den deutschen oder französischen Universitäten bessere Chancen zu haben und den immer enger werdenden Beziehungen in Europa und der zunehmenden Globalisierung gewachsen zu sein. Wie sieht die Bilanz heute aus, hat sich die Situation durch ihr Wirken verbessert? Gibt es bereits neue Studien?“

Hans Herth: „Der Notstand beim Erlernen der Deutschen Sprache ist schon ziemlich alt. Die ADEAF hat schon seit vielen Jahren Alarm geschlagen, die EFA auch (die EFA hat vor mehreren Jahren drei große Treffen „Les 12 heures pour l’allemand“ organisiert, um die Öffentlichkeit auf den dramatischen Rückgang des Deutsch an französischen Schulen aufmerksam zu machen). Vergebens !

Deswegen hatte die Deutsche Botschaft in Paris eine Arbeitsgruppe gegründet, um mit allen französischen und in Frankreich anwesenden deutschen kulturellen Partnern neue Lösungen zur Förderung des Deutsch zu finden. Das Argumentaire ist noch nicht ein Jahr alt. Die vorausgehende Studie wurde 2008 abgeschlossen. Man kann also heute noch keine Bilanz ziehen, noch weniger Studien unternehmen. Es sind aber heute schon circa 150 Lehrer und Vereinsmitglieder, die sich bereit erklärt haben Elternabende mit dem „Argumentaire“ organisieren zu wollen.“

Sabine Salmon: „Ihr „Argumentaire“ benutzt die Nähe und Synergie zur englischen Sprache im Bereich der Syntax, der Grammatik, der Vokabeln und der Intonation als Hauptargument und wird an glühende Fürstreiter der deutschen Sprache in Form von Pädagogen, Elternvertretern und Vertretern sowie Migliedern Ihres Dachverbandes, aber auch an Unternehmen, die berufsbedingt deutschsprachige Mitarbeiter in ihrem lokalen Umfeld brauchen, verteilt. Bei den meisten Eltern scheint Übereinstimmung darüber zu herrschen, daß ihre Kinder mehrsprachig aufwachsen sollen. Bekommen sie auch kritische Stimmen zu hören, die bezweifeln, daß Kinder ohne Probleme mit mehreren Sprachen aufwachsen können bzw. gleichzeitig mehrere Sprachen erlernen können?“

Hans Herth: „Sie behaupten, bei den meisten Eltern gäbe es „Übereinstimmung darüber, daß ihre Kinder mehrsprachig aufwachsen sollen“. Das Gegenteil ist der Fall: das Gesetz schreibt zwei Sprachen vor, aber die große Mehrheit der Franzosen denkt eher, daß das Lernen von zwei Sprachen eine zusätzliche Last ist und dass man auch an Sprachfähigkeit in jeder gelernten Sprache verliert. Frankreich ist ein einsprachiges Land und ignoriert, daß mehr als die Hälfte aller Weltbewohner dreisprachig sind, vier Drittel zweisprachig. Deshalb wird meistens Spanisch als zweite Fremdsprache gewählt. Es wird wegen der Nähe mit dem französischen als leichter eingestuft und auch als notwendige Weltsprache eingeschätzt. Deutsch ist schwer zu lernen und wird sowieso nur von Deutschen gesprochen, so das Vorurteil gegen das Deutsch. Daher die Idee die Franzosen ihrem eigenen Gedankengang zu folgen : Komplementarität der Sprachen ist richtig, aber da Englisch lebenswichtig ist, dann eben mit seinem Komplement Deutsch und Deutsch wird im internationalen Handeln der Franzosen viel mehr verlangt als Spanisch.“

Sabine Salmon: „Was einige unserer Leser, die sich mit dem Thema weniger befaßt haben, überraschen mag ist, daß Deutsch die meistgesprochene Sprache in der Europäischen Union ist. 90 Millionen Europäer haben Deutsch als Muttersprache und 120 Million Europäer sprechen Deutsch. Es existieren 140 europäische Laufbahnen und 2.400 Kooperationen zwischen deutschen und französischen Universitäten. In der Pariser Gegend gibt es seit 2009 laut dem Ministère de l’Education nationale  5 neue deutsch-englisch Sektionen, in der Académie von Paris also inzwischen 67. Es gibt 29 europäische Sektionen und mehrere Möglichkeiten, ein AbiBac in Paris zu absolvieren. Trotzdem bleibt eine schwindelerregende Anzahl an Arbeitsplätzen in Paris, der Ile de France und generell in Frankreich unbesetzt, weil das qualifizierte Personal keine ausreichenden Deutschkenntnisse hat. Wie läßt sich das erklären?“

Hans Herth: „Offiziell wird die Zahl von 13 % Germanisten in französischen Schulen genannt. In Wirklichkeit liegt die Zahl wahrscheinlich unter 10 %. Und unter diesen 10 % der Franzosen müssen Sie diejenigen finden, die das Deutsch so gelernt haben, dass sie es wagen können zu behaupten, sie würden in einem geschäftlichen Dialog mit Deutschen genügend Deutsch beherrschen…. vielleicht 1 bis 2 % der Franzosen wenn es hoch kommt. Natürlich gibt es in den älteren Generationen ein bisschen mehr Germanisten, aber das erhöht nicht wesentlich die Zahl der deutschsprechenden Franzosen die heute auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind.

Sabine Salmon: „Unsere Leser sind Deutsche, die größtenteils bereits seit langer Zeit in Paris leben. Was bedeutet es für sie heute persönlich, Deutscher in Paris zu sein?“

Hans Herth: “Es ist wie im Exil leben, manchmal sogar ziemlich schmerzlich. Dem politischen Duo Deutschland-Frankreich entspricht keine wahre tiefere Verbindung oder gegenseitige Zuneigung zwischen den beiden Gesellschaften. Die Deutschen „lieben“ Frankreich, aber der überwiegenden Mehrheit der Franzosen bedeutet Deutschland nichts weiter als Geschichte (Bismarck, Hitler, der Mauerfall,…), gute Autos und das Oktoberfest. In den französischen Nachrichten z.B., erscheint das Thema Deutschland noch seltener als das Thema Europa. Die meisten Franzosen sehen Deutschland als eine eher graue und nebelige Industrielandschaft wo man sich nur langweilen kann… Berlin verändert allmählich dieses Bild, aber eigentlich nur am Rande.“

Sabine Salmon: “Vielen Dank für das Gespräch.“

Weiterführende Links:
FAFA Fédération des associations franco-allemandes pour l‘Europe
EFA / Echanges Franco-Allemands
– Um das Argumentaire zu erhalten, wenden Sie sich an Hans Herth : hans.herth@wanadoo.fr

*Die Finanzierung erfolgte durch das Aussenamt (über die Deutsche Botschaft in Paris) und unter Mitwirken des Goethe-Instituts und der DEGESCO. Für die Grafik zeichnet die Agentur Simone verantwortlich.

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